Ein fauler Kompromiss und ein falsches Signal für Europa

Mit drastischen Worten kritisieren die Neustädter Grünen die Entscheidung der EU-Kommission, das Totalherbizid Glyphosat bis Ende 2017 weiter zuzulassen. „Wenige Tage nach dem Brexit hat Brüssel wieder gezeigt, wie die EU im Moment funktioniert“, sagte Ute Lamla.

Die Genehmigung für Glyphosat war bis Ende Juni verlängert worden. Einen Tag vor Fristablauf hat die EU-Kommission das Spritzmittel weiterhin erlaubt, obwohl keine Mehrheit der EU-Länder dafür war. Auch die Bürgerinnen und Bürger, viele Verbände und der EU-Umweltausschuss sind mehrheitlich gegen Glyphosat.

„Wie kann die EU etwas beschließen, was nicht gesund ist?“ fragen die Grünen und verweisen auf die USA. „Dort gibt es Böden, auf denen durch den jahrelangen Einsatz nichts mehr wächst. Das sind kahle Flecken in den Äckern.“

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Kahle Äcker auch bei uns. Biobauern zeigen, dass es ohne Gift und mit „UNterkraut“ geht.

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„Wie kann die EU so über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden“, fragen di eGrünen weiter. Millionen Bürgerinnen und Bürger haben in Petitionen und auf der Straße gegen Glyphosat demonstriert. Doch die Industrielobby hat in Brüssel so viel Einfluss, dass fast nur Gutachten aus genau dieser Ecke zur Grundlage der Entscheidung gemacht wurden. Selbst Pressemitteilungen der Kommission scheinen mit den Lobbyisten abgesprochen worden zu sein.

„Die Genehmigung erfolgt höchst undemokratisch und zum schlechtesten Zeitpunkt, den man sich denken kann“, kritisieren die Grünen. Damit fördert die Kommission das Misstrauen in die EU.

CAMPAIGNIONGRAFIK

Die Weiterzulassung verstößt auch gegen das Vorsorgeprinzip, ergänzen die Grünen. Das ist eine große Errungenschaft des europäischen Umwelt- und Gesundheitsrecht. Mittel dürfen nur erlaubt werden, wenn bewiesen wurde, dass sie unbedenklich sind. „Wer jetzt das gegen das Vorsorgeprinzip verstößt, wird es auch bei den TTIP-Verhandlungen preisgeben.“

Schließlich sei die Zulassung verlängert worden, obwohl nicht alle Gutachten und Studien über Glyphosat öffentlich gemacht wurden. „Wer Dinge zurückhält, muss mit Protest und Misstrauen rechnen“, erklären die Grünen. „Wir fordern deshalb weiterhin: Keine Wiederzulassung von Glyphosat!“

 

 

 

Ergänzende Information

Glyphosat wird als Spritzmittel in der Landwirtschaft auf etwa 40 % aller Flächen eingesetzt. Es ist ein starkes Mittel, das auch unter dem Namen „Roundup“ verkauft wird. Glyphosat wird inzwischen im Urin vieler Menschen und in vielen Biersorten nachgewiesen. Auch die Wechselwirkung mit anderen Umweltgiften erhöht die Risiken.

Die Weltgesundheitsorganisation Glyphosat bewertet als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“. Weitere Studien sehen auch schädigende Wirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit und das Immunsystem.

Laut Umweltbundesamt trägt das Pestizid entscheidend zum Verlust der biologischen Vielfalt und zum Artensterben bei. Erst recht, wenn Bereiche neben den Äckern das Mittel abbekommen. Das meint auch die europäische Behörde EFSA.

Die Stadt Neustadt verwendet keine glyphosathaltigen Mittel, erfuhren die Grünen auf ihre Anfrage hin. „Entscheidend ist der Gebrauch in der Landwirtschaft, die im Neustädter Land prägend ist. Landwirtschaft im 21. Jahrhundert muss aber intelligenter sein“, stellt Lamla fest und weist darauf hin, „dass viele in ihrem Garten Glyphosat einsetzen, wenn sie Spritzmittel verwenden, ohne es zu wissen.“