Grüne fordern bürgernahe Reform des ärztlichen Notdienstes

Patienten brauchen eine bessere Versorgung als den neuen zentralen Ärztenotdienst. Deshalb fordern die Grünen eine wirklich bürgernahe Reform des ärztlichen Notdienstes.  Gut funktionierende Ärztebereitschaften in allen vier Städten hat die KV-Bezirksstelle Hannover leider aufgelöst.

Neu ist eine zentrale Bereitschaftspraxis im Regionsklinikum für die vier Städte  mit einer Gesamtfläche von ca. 617 Quadratkilometern. Bettlägerige Patienten werden bis 24 Uhr von zwei fahrenden Ärzten besucht, danach von einem einzigen.  Noch gehfähige Kranke müssen mittwochs und freitags von 17 bis 21 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen von 10 bis 14 Uhr und 17 bis 20 Uhr in die Zentrale reisen.

Ohne Aussagekraft ist die jüngst von der KV-Bezirksstelle für Neustadt gezogene positive Bilanz zu der Neuerung. Denn viele Familien befanden sich zu der Zeit noch in Urlaub oder kannten den erst seit 1. Juli bestehenden zentralen Ärztenotdienst noch gar nicht.

„Die Kassenärztlichen Vereinigung muss  zu gewöhnlichen Arbeits- und Geschäftszeiten den Nutzen der Neuregelung  nachweisen – und nicht in den Sommerferien“, sagt der Schneerener Hausarzt und Ratsherr Dr. Godehard Kass.

Diese „Reform zu Lasten von Patienten und Ärzten“ kritisieren auch Hausärzte wie Dr. Sami Mohtadi (Wunstorf), Dr. Jan Reimers und Boris Höppner (Garbsen), die Bürgermeister von Wunstorf und Garbsen, und bislang nur einzelne Kommunalpolitiker anderer Parteien teilen ihre Bedenken.

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Die von der KV genannte Höchst-Anfahrtszeit von 25 Minuten zur Neustädter Bereitschaftspraxis können Patienten aus entlegenen Dörfern wie Mesmerode oder Idensen nicht einhalten, hat die Stadt Wunstorf bereits überprüft. Zudem verlängert sich deren Anreise mittwochs oder freitags durch abendlichen Berufsverkehr und durch lange Wartezeiten an Neustädter Bahnschranken.

Noch gehfähige Kranke aus Wunstorf, Garbsen und Seelze müssen bei Akutbeschwerden wie Fieber nun viel weitere Wege zum Klinikum fahren, wenn ihre vertraute Arztpraxis geschlossen hat. „Das benachteiligt ärmere Familien, Alleinerziehende und Ältere ohne eigenes Auto, die abends und nachts auf teure Taxifahrten angewiesen sind“, stellt Uwe Lötzerich, Grünen-Kandidat für den Schneerener Ortsrat und den Stadtrat, fest.  „Zur Behandlung Bettlägeriger mussten Wunstorfer und Garbsener Bereitschaftsärzte nach Mitternacht schon jetzt sehr weite Strecken in entlegene Dörfer im Neustädter Norden bewältigen.“

Dazu Dr. Kass: „Hat ein Kollege aus Wunstorf, Garbsen oder Seelze Dienst, müssen schwer kranke oder gebrechliche Neustädter jetzt länger auf Hilfe warten als bisher.“ Er befürchtet, dass „ungünstige Krankheitsverläufe und mehr Rettungsdiensteinsätze nun wahrscheinlicher werden. Denn entnervte Patienten werden häufiger die schnellen Retter alarmieren, die nur bei Lebensgefahr ausrücken sollen.“

Neustadts Grünewollen Patientenbeschwerden zum neuen Notdienstsystem  im Auge behalten. Daher sollten die vier Städte Beschwerden dazu sammeln und mit der KV bessere Lösungen suchen.

Schließlich wird Arztberuf auf dem Lande durch diese Reform nicht attraktiver. Ärzte müssen  neben dem Praxisbetrieb bei Bereitschaften Marathondienste in Kauf nehmen. Einige Vertretungsärzte, so die Grünen, wollen Bereitschaften nur noch befristet übernehmen. Grund: Wegen längerer Anfahrten haben sie weniger bezahlte Einsätze.

kandidaten

Die Grünen Kandidaten Godehard Kass (li) und Uwe Lötzerich (re) kritisieren die neue Notarztregelung